Lebensqualität

Die Erforschung von Lebensqualität

Lebensqualität kann mit Wohlbefinden verglichen werden

 

Zur Gesundheit gehört nach Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO auch Lebensqualität, die von derselben Institution als „subjektive Wahrnehmung einer Person über ihre Stellung im Leben in Relation zur Kultur und den Wertsystemen in denen sie lebt und in Bezug auf ihre Ziele, Erwartungen, Standards und Anliegen“ definiert wird. Es ist also eine subjektive Wahrnehmung des eigenen Wohlbefindens im Zusammenhang mit unterschiedlichen Lebenssituationen. Beispielsweise macht es Menschen in einer Gesellschaft, in der Leistung eine hohe Anerkennung bekommt, generell unglücklicher, wenn sie es aus gesundheitlichen Gründen nicht schaffen, eine hohe Leistung zu erbringen.

  

Lebensqualität wird dann relevant, wenn das Überleben gewährleistet werden kann

 

Sofern zunächst vor allem das Überleben bei einer Krankheit im Vordergrund steht (also in lebensbedrohlichen Situationen), ist dieses entscheidend. Wenn das Überleben von Patienten aber grundsätzlich durch eine Therapiemaßnahme gesichert wird und die Patienten mit ihrer Erkrankung (und z.T. lebenslangen Therapie) leben - wie bei Patienten mit PNH seit der Zulassung von Eculizumab in 2007 - ist es für jeden einzelnen Patienten natürlich von Bedeutung, wie er (über-)lebt. Ähnliches gilt für Patienten mit Aplastischer Anämie nach einer immunsuppressiven Therapie oder eine Knochenmarktransplantation.

 

 

Lebensqualität am Beispiel von Fatigue

 

Für Patienten mit PNH und/oder Aplastischer Anämie kann die Lebensqualität oft vor allem durch die sogenannte „Fatigue“ eingeschränkt sein. Daher möchten wir stellvertretend am Beispiel Fatigue Lebensqualität erläutern. Viele Patienten mit PNH und/oder AA fühlen sich oft erschöpft, können nicht lange stehen oder haben keinerlei Energie und sind oft nicht in der Lage, etwas im Voraus zu planen. Trotz einer solchen Symptomatik kommt es vor, dass behandelnde Ärzte sagen, „es sei alles in Ordnung“. Aber „in Ordnung“? – Was kann daran in Ordnung sein, so erschöpft zu sein, dass man kaum am Leben teilnehmen kann, fragt sich der betroffene Patient dann vielleicht. Mit „in Ordnung“ meinen Ärzte, dass die Blutwerte sich normalisiert oder nicht besorgniserregend verändert sind und die Fatigue eine Begleiterscheinung der Erkrankungen PNH und Aplastische Anämie sein kann, die nicht lebensbedrohlich ist.

Betroffene Patienten fragen sich dann möglicherweise weiter, warum Ärzte nicht versuchen, etwas gegen die Fatigue und ihre Auswirkungen zu tun? Wie man mit Fatigue umgehen kann, haben wir bereits unter der Themenseite „Fatigue“ beschrieben. Aber Fatigue und Lebensqualität im Allgemeinen sind bisher weder in ihrer vollständigen Bandbreite möglicher Symptome noch grundlegend hinsichtlich sämtlicher möglicher Ursachen untersucht worden. Wenn die tatsächlichen Ursachen (Anämie ist z. B. eine der verschiedenen möglichen Ursachen) unbekannt sind und es keine oder nur wenige wirkungsvolle Therapiemöglichkeiten gibt, sind die Symptome leider oft schwer zu adressieren.

 

Die Erforschung von Lebensqualität

 

Um Lebensqualität (im Englischen als Quality of Life (QoL) bezeichnet) im Zusammenhang mit Erkrankungen zu erforschen, ist es wichtig, die Lebensqualität verlässlich zu „messen“, z.B. um Erkenntnisse über die Auswirkungen von Medikamenten auf die Lebensqualität zu erlangen.

Wie misst man jedoch Lebensqualität? Man fragt Patienten, wie es ihnen geht und sie ihre Lebensqualität einschätzen, indem man sie standardisierte Fragebögen beantworten lässt!

 

Damit man die Daten, die man durch die Antworten gewinnt aber wissenschaftlich nutzen kann, gibt es Vorgaben, wie entsprechende Fragebögen entwickelt werden müssen, damit sie letztlich als „standardisiert“ anerkannt werden und in der Forschung nutzbar sind. Die Entwicklung von QoL-Fragebögen erfolgt also nach wissenschaftlichen Standards und Vorgaben für die man typischer Weise viele Patienten mit der Erkrankung, in der der QoL-Fragebogen eingesetzt wird, befragt. Die Entwicklung eines Fragebogens ist also eine wissenschaftliche "Studie" für sich. Da dies ziemlich aufwendig und auch kostspielig ist, werden viele Fragebögen, die sich als besonders aussagekräftig gezeigt haben, bei vielen Erkrankungen mit unterschiedlicher Ausprägung (z.B. Krebs) genutzt. Zwei derartiger „generell verwendbarer Fragebögen“ haben Patienten mit PNH schon im Rahmen des internationalen PNH-Registers des pharmazeutischen Unternehmens Alexion gesehen und regelmäßig beantwortet. Diese sind jedoch nicht krankheitsspezifisch, (d. h. sie wurden nicht für Patienten mit PNH/AA entwickelt). Viele Lebensqualitäts-Aspekte von Patienten mit Aplastischer Anämie und PNH werden dabei jedoch nicht abgefragt.

 

 

Die Entwicklung eines krankheitsspezifischen Fragebogens

 

Daher hat sich ein Team in Aachen um PD Dr. med. J. Panse (unser Vorstandsmitglied) 2010 die Aufgabe gestellt, einen Fragebogen spezifisch für Patienten mit AA und/oder PNH zu entwickeln.

Bei dieser Entwicklung wurden insgesamt etwa 100 Patienten ausführlich in verschiedene Phasen der Fragebogenentwicklung miteinbezogen. Dabei wurde sichergestellt, dass der Fragebogen die Lebensqualität der Patienten mit PNH/AA erfasst und widerspiegelt. Die Fragen wurden auch auf Verständlichkeit, Klarheit und Wichtigkeit getestet. Letztlich entstand ein Fragebogen mit insgesamt 54 Fragen, die sich in einem kurzen Zeitraum (ca. 10 Min) beantworten lassen. Die Beantwortung des Fragebogens empfanden die untersuchten Patienten nicht als zusätzliche Belastung. Im Gegenteil, Patienten berichten, dass sie sich freuen, endlich für sie relevante Fragen gestellt zu bekommen, auf die sie leicht eine Antwort geben können.

 

In den letzten Jahren wurde der Fragebogen nach wissenschaftlichem Standard in zahlreiche Sprachen übersetzt, so dass er weltweit nutzbar ist. Außerdem wurde er bereits in einigen klinischen Studien verwendet, denn die letzte Phase der Fragebogenentwicklung bevor dieser z. B. von Arzneimittelbehörden, die über eine Zulassung von Medikamenten entscheiden, anerkannt werden, steht noch aus. An diesem Punkt stehen wir heute (Stand Januar 2023).

 

Um den Fragebogen zukünftig in klinischen Studien verwenden zu können muss der Fragebogen in der so genannten vierten und letzten Phase noch "validiert" werden. Dabei wird gemessen, ob der Fragebogen wirklich eine Veränderung der Lebensqualität durch oder unter einer Therapie erfasst, d. h. ob beispielsweise eine Verbesserung durch die Therapiewirkung und möglicherweise eine Verschlechterung in manchen Bereichen durch mögliche Nebenwirkungen auftreten. 

Hierzu muss der Fragebogen im zeitlichen Verlauf mehrfach beantwortet werden. Diese vierte Phase der Fragebogenentwicklung steht nun an. Durchgeführt wird diese vierte Phase im Rahmen des unabhängigen weltweiten PNH-Registers unter dem Dach von IPIG (International PNH Interest Group) auch dank des Einsatzes von Patientenvertretern. Auch die Stiftung lichterzellen trägt dazu bei.

 

Nun sind Sie gefragt!

Wir wollen Sie daher als Patienten ermutigen, diesen Fragebogen zu folgenden Zwecken zu verwenden:

 

  • Sie können dadurch selbst Veränderungen für sich dokumentieren.
  • Sie können das Ergebnis als Grundlage für das Gespräch mit Ihrem behandelnden Arzt nutzen.
  • Sie können sich mit dem Fragebogen vertraut machen, damit Sie ihn leichter beantworten können, wenn Sie im Rahmen einer Studie (z. B. des IPIG PNH-Registers oder anderen Studien) darum gebeten werden

  

Ohne Ihre Mitarbeit und die Beantwortung des Fragebogens Ihrerseits, wenn Sie darum gebeten werden, können wir keine weiteren Erkenntnisse zu Lebensqualität bei AA und PNH sammeln. Sie und nachfolgende Patienten werden von diesen Erkenntnissen profitieren. Bitte unterstützen Sie die Patientengemeinschaft, indem Sie sich mit dem Fragebogen vertraut machen!

 

Den Fragebogen erhalten Sie auf Anfrage unter der folgenden Emailadresse: (folgt in Kürze)